Langen, 19.03.2017
 

 

 
 

Appell


Der Deutsch-Türkische Freundschaftsverein Langen unterstützt alle Bemühungen, die wieder zu einem respektvollen und toleranten Umgang untereinander führen; er wird die demokratische Tradition der Völkerverständigung pflegen.


 

 

Für den 16. April 2017 ist in der Türkei ein Regierungsreferendum geplant, es wird über ein Präsidialsystem abgestimmt. Vom 27.03.2017 bis zum 09.04.2017 können auch 1,4 Millionen Türken in Deutschland mit JA oder NEIN stimmen. Für den Staatschef in Ankara und für die Opposition sind die Deutsch-Türken eine wichtige Wählergruppe. Es könnte passieren, dass sie den Ausschlag für den Erfolg oder das Scheitern des Referendums geben.

Der heftige Wahlkampf hat mittlerweile auch Deutschland und die europäischen Nachbarländer erreicht und das politische Klima erheblich vergiftet. Keine Partei und kein Politiker haben das Recht, langjährige gute Beziehungen zu zerstören und einen Keil zwischen Menschen zu treiben, seien sie deutscher oder türkischer Herkunft oder Staatsangehörigkeit.

Es ist die Pflicht der türkischen Regierung, in der Türkei Demokratie und Freiheit sicherzustellen und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Indes werden im Vorfeld des Regierungsreferendums die Bürger allerdings nach Ja- und Nein-Wählern kategorisiert. Gegner der geplanten Verfassungsänderung werden als Terroristen und Landesverräter stigmatisiert. Ihre Meinungs- und Versammlungsfreiheit wird von der Regierung nach Belieben eingeschränkt. Zusammengenommen mit den massiven Beschränkungen der Pressefreiheit ergeben sich große Sorgen um die Demokratie in der Türkei.

Wenn die türkische Regierung jetzt Deutschland für die erlebten Einschränkungen jenseits aller diplomatischen Gepflogenheiten auf aggressive Weise kritisiert, dann wirkt das auf geradezu tragische Art unaufrichtig. In ihrer unbegründet harten Sprachwahl vermittelt die türkische Regierung Inhalte, die Bedrohung und Verleumdung transportieren.

Zurück bleiben Spannungen innerhalb der türkischen Gemeinschaft in Deutschland, die für dieses sinnlose populistische Anheizen den Preis zu zahlen hat. Es handelt sich um ein verantwortungsloses Vorgehen, das die türkeistämmigen Menschen in Deutschland, ganz unabhängig von ihren jeweiligen parteipolitischen Einstellungen, um ihre verbesserten Perspektiven bringt. Sie und ihre Kinder werden in Schulen, an ihren Arbeitsplätzen, im sozialen und kulturellen Leben für diese fatale Politik einstehen müssen. Die errungenen Fortschritte in Bezug auf politische, sozio-kulturelle und wirtschaftliche Teilhabe in Deutschland lebender Türken, werden für die Durchsetzung politischer Ziele aufs Spiel gesetzt.

Als ob die offensichtliche Politik der Spaltung in der Türkei selbst nicht ausreichen würde, wird auch in Deutschland seitens der türkischen Regierung eine Kampagne forciert, die die Polarisierung innerhalb der türkischen Gemeinschaft vorantreibt und Menschen gegeneinander aufbringt.

In diesem Jahr feiert der DTFV sein 25jähriges Vereinsjubiläum, wir lebten in dieser Zeit eine intensive Völkerverständigung und pflegten einen respektvollen, freundschaftlichen Umgang miteinander. Die Städtepartnerschaft zwischen Langen und Tarsus gestaltete sich auf der Grundlage eines lebendigen und toleranten Kulturaustausches. So soll es auch in Zukunft sein.

Deshalb richten wir einen Appell an alle, sich nicht spalten zu lassen, sondern sich auch mit gegensätzlichen Positionen auseinanderzusetzen, diese auszuhalten, wie es sich in einer Demokratie gehört, und dabei das gemeinsame Ziel eines guten Zusammenlebens nicht aus den Augen zu verlieren.

Von der deutschen Regierung wünschen wir uns trotz dieser besorgniserregenden Entwicklungen, dass auf diese Provokationen nicht eingegangen und weiterhin eine Politik des kühlen Kopfes und der ruhigen Hand betrieben wird.

Die Menschen in Deutschland fordern wir auf, sich einen differenzierten Blick auf ihre türkeistämmigen Nachbarn, Kollegen und Freunde zu bewahren.



Deutsch-Türkischer Freundschaftsverein Langen e. V.